Far Cry war für mich immer ein kompliziertes Thema. Nachdem es von Ubisoft übernommen wurde, es mit der „Ubisoft-Open-World-Formel“ geschmückt wurde und sich von Teil zum Teil nicht wirklich viel änderte, wusste ich, dass es genau die gleiche Route einschlagen würde wie Assassins Creed.
Ich hatte zwar Spaß mit Far Cry 3 und 4, hatte aber damals schon immer das Gefühl, das dort mehr geht, aber nachdem Primal mir dieses „mehr“ nicht gegeben hat, und ich das Spiel im generellen grottig fand, habe ich eigentlich mit der Franchise abgeschlossen.
2 Jahre später steht nun Far Cry 5 vor der Tür und nachdem ich so positiv überrascht von Assassins Creed: Origins war, habe ich Far Cry nochmal eine letzte Chance gegeben.
Ob sich diese Chance wirklich gelohnt hat, erfahrt ihr jetzt.
Hope County, Montana. Wir, als Police Deputy, sind gerade dabei den Kopf hinter einer religiösen Sekte festzunehmen, die sich in dem ganzen County eingenistet hat und die restlichen Bewohner unterdrücken. Wir konfrontieren also den Kopf oder besser gesagt, den Vater hinter dieser Sekte, Joseph Seed. Dabei geht natürlich, Far Cry typisch, einiges schief und finden uns nach dieser Einstiegsmission alleine im County wieder, und sind dabei neue Bekanntschaften zu schließen und das County von dieser Sekte zu befreien. Dabei kümmern wir uns nicht nur im Joseph Seed, sondern auch um den Rest seiner Familie, von denen jeder 1 von den 4 Gebieten beherrscht.
Das ist erstmal der Aufhänger und das Setting in dem Far Cry 5 spielt und klingt auf den ersten Blick erstmal äußerst interessant. Und das ist es auch, aber leider nur für die ersten 5 Stunden.
Ich habe 3 große Probleme mit der Geschichte und dem Setting.
Das erste und wahrscheinlich auch größte Problem für mich ist, dass sich die Erzählung nichts traut.
Abhängig davon in welchem Gebiet wir gerade sind, werden wir hin und wieder von einem der Seed‘s entführt. Darauf folgt meistens eine durchaus gut gestaltet Mission mit netten Dialogen und Szenen, aber wir entkommen den Seed’s natürlich immer wieder. Das wäre für mich kein Problem würde das 1-2 mal vorkommen, aber das passiert so häufig, dass es schon fast lächerlich wirkt. Die Taten der Sektenanführer haben keine wirklichen Konsequenzen und obwohl sie auf den ersten Blick sehr einschüchternd wirken, verlieren sie irgendwann an Spannung, weil man weiß, dass eh nichts passieren wird. Und dann kommt noch dazu, dass der am Anfang so großartig inszenierte Vater, also Joseph, kaum auftaucht und wenn ich ganz ehrlich bin, ist er der interessanteste von seiner Familie.
Dazu kommt noch, das sich die Geschichte nur mit ein Kernthema befasst, nämlich mit: „Wir sind Religiöse Fanatiker, tritt uns bei oder wir bringen dich dazu.“ Mehr versucht einen das Spiel nicht mitzuteilen.
Passend dazu komme ich direkt zu meinen 2. Punkt, die Geschichte, die sich selber so unfassbar ernst nimmt, beißt sich sehr mit dem Rest des Spieles.
Auf der einen Seite haben wir diesen omnipräsenten Kult der Leute foltert um sie zu blinden Jüngern der Seed Familie zu machen und auf der anderen Seite haben wir das an schon fast Saints Row angelehnte Spielgefühl der offenen Welt.
Kleines Beispiel: Ich war gerade auf den Weg zu einer Nebenmission, aber ich wurde mal wieder entführt und musste eine durchaus ernste Mission machen bei dem ich aus John Seed’s (einer der Anführer) Folterkammer entkommen musste. Soweit so gut, war eine Spaßige, düstere Mission, hatte aber mal wieder keine Konsequenzen. Nun gut, ich ging dann zu meiner ursprünglichen Nebenmission bei der ich dann sich paarende Bullen mit einem Traktor umfahren musste, während im Hintergrund Sexual Healing von Marvin Gaye läuft.
Und das ist bei weitem nicht die einzige Mission dieser Art. Ich habe mit diesen verrückten Missionen per se kein Problem, ich finde sie sogar besser als die meisten Hauptmissionen, aber somit lässt mich dann die Hauptgeschichte noch kälter zurück als sie sowieso schon tut. Sie nehmen sich einfach viel zu ernst und finden nicht diesen gewissen sweet spot zwischen Absurdität und Ernsthaftigkeit, wie es zum Beispiel Wolfenstein äußerst gut macht.
Mein drittes und letztes Problem ist zwar ein kleines, sollte aber trotzdem erwähnt werden, es geht nämlich um Hope County an sich. Hope County ist schön und macht Spaß zu erkunden(dazu gleich mehr), aber Abwechslung gibt es dort nicht wirklich. Das Gebiet besteht halt fast nur aus Nadelwald, Feldern und Seen, in diesem Aspekt war Far Cry 4 deutlich kreativer.
So, ich habe jetzt viel gemäkelt, aber jetzt kommen wir zu dem was Far Cry 5 richtig gut macht, nämlich das generelle Spielgefühl und den überarbeiteten Open-World Aspekt.
Far Cry 5 führt die Open-World Formel von Assassins Creed: Origins noch weiter und hat somit die für mich beste Ubisoft Open-World bis dato, aber nur wenn es um die Mechaniken und die Aktivitäten geht. Far Cry’s visueller Aspekt ist, wiegesagt, nicht mal ansatzweise so stark wie der von Origins.
Das Abarbeiten von Map-Icons und hochklettern von Türmen ist Geschichte, Jagen ist nur noch eine Nebensache und wird nicht mehr benötigt um Rüstung aufzuwerten und das langweilige Sammeln von collectibles wurde auf ein Minimum gesenkt.
Alles was wir in Far Cry 5 machen können wird von uns eigenständig erforscht. Wenn wir einen Außenposten finden liegt das nicht daran das wir vorher einen Turm hochgeklettert sind, sondern daran, dass wir ihn auf eigene Faust gefunden haben. Wir finden diese Nebenaktivitäten auch, indem wir Gefangenen helfen die uns dann, in den meisten Fällen, von Nebencharakteren berichten die anscheinend Probleme haben. Jeder dieser Nebencharaktere, so nebensächlich sie auch sein mögen, haben eine eigene Persönlichkeit und werden somit dementsprechend kontextualisiert.
Durch diese kontextualisierung fühlen sich diese Nebenmissionen nicht nach liebloser Beschäftigungstherapie an und das sind sie in den meisten Fällen auch nicht. Entweder helfen wir einem verrückten Verschwörungstheoretiker dabei sich „Aliens“ anzuschließen oder die bereits genannte Bullen Quest, jede von diesen Nebenmissionen machen Freude und bei manchen lassen sie sich echt was Schönes einfallen.
Doch das müssen wir alles nicht alleine erledigen, wir können insgesamt 9 besondere Charaktere rekrutieren, in denen nochmal besonders viel Arbeit reingeflossen ist. Wir schalten sie durch eine besondere Questreihe frei und jeder dieser Charaktere hat auch hier seine eigene, einzigartige Persönlichkeit und Kampfvorteile die er mitbringt. Boomer, ein Hund, bringt uns zum Beispiel im Kampf Munition und Waffen und springt Gegner an, oder wenn wir eher leise vorgehen wollen nehmen wir Jess mit, eine Bogenschießende Attentäterin.
Neben den 9 besonderen Charakteren können wir auch 3 von den bereits genannten Gefangen als Begleiter mitnehmen.
Und das alles machen wir, um Widerstandspunkte zu erlangen, diese bringen uns ab einer gewissen Anzahl neue Hauptaufgaben, neue Waffen/Fahrzeuge in Geschäften und ähnliches.
Da das Jagen nicht mehr dazu gebraucht wird um unser Charakter zu verbessern, sondern nur noch da ist um uns ziemlich viel Geld einzubringen, wird unser Charakter nun durch sogenannte Vorteilpunkte verbessert. Diese bekommen wir erstens durch Herausforderungen die wir abschließen, wie z. B. schnelleres Herstellen von Molotovcocktails oder ähnliches, und zweites finden wir sie in „Prepper-Verstecken“. Das sind kleine Bunker, die meistens mit einem Rätsel verbunden sind um dort hineinzukommen.
Die Charakterentwicklung von Far Cry 5 ist wesentlich offener und man kann sich immer für den Vorteil entscheiden, auf den man gerade Lust hat. Es gibt auch ein paar sehr kreative Vorteile die das Spielgefühl noch ein bisschen auffrischen, man kann z. B. Fahrzeuge sabotieren damit sie dann Explodieren, wenn Gegner sich ihnen nähern.
Das generelle Open-World Spielgefühl ist weitaus besser als ich vorerst angenommen habe und fühlt sich endlich nicht mehr nach langweiliger Beschäftigungstherapie an, jedoch ist das generelle Gunplay noch auf den gleichen Far Cry Niveau, auf den es immer war. Es macht Spaß, ist aber noch sehr weit von sowas wie Wolfenstein oder Doom entfernt, alleine schon was dem Flow und dem Trefferfeedback angeht.
Ein Punkt an Far Cry 5 muss auf jeden Fall angesprochen werden, das ist nämlich die Arcade. In der Arcade können wir selber Level erstellen oder Level von anderen Spielern spielen. Ich habe erst gedacht, dass es ein nettes mitbringsel wäre, aber mich hat die Arcade tatsächlich am Haken.
Die Arcade ist völlig unkompliziert, Karten finden geht schnell und einfach und es sind bis jetzt schon ein paar Kracher dabei. Außerdem gibt es in der Arcade ein Progressions-System, bei dem wir Erfahrung fürs Spielen bekommen und somit auch Vorteilspunkte und Geld für die Kampagne freischalten. Die Arcade sollte definitiv nicht ignoriert werden.
Far Cry 5 ist ein durchaus rundes Paket. Ubisoft hat es geschafft ihre Open-World Formel weiterhin zu verbessern und zu modernisieren, die Zeit der Beschäftigungstherapie ist endlich vorbei.
Aber wer eine wirklich gut erzählte Geschichte erzählt haben möchte, wird hier definitiv nicht zufrieden sein. Sie ist weder besonders spannend noch einprägsam, genauso wie Hope County an sich. Wenn ich einen Verbesserungsvorschlag anbringen dürfte, wäre es der, einfach seine Absurdität komplett zu akzeptieren. Da die ernste Schiene nicht klappt und sie auch in den alten teilen nicht wirklich geklappt hat, gebt euch einfach den Irrsinn hin.
Wisst ihr, welche Far Cry Geschichte wirklich unterhaltsam war? Die von Far Cry 3 – Blood Dragon und das heißt schon einiges.
Das Abenteuer in Hope County hat mir definitiv den guten Willen für dieses Franchise wiedergegeben, ihr seid nicht mehr weit davon entfernt ein richtig gutes Far Cry Spiel zu machen.
Auf ein nächstes Mal, Ubisoft.
Kurzes Nachwort:
Ich habe vergessen zu erwähnen, das man Far Cry 5 komplett im Co-op spielen kann. Definitiv ein gelungenes Feature, probiert es mal aus. Da kommt der Wahnsinn nocheinmal richtig zum Tragen.