Review: Wolfenstein 2: The New Colossus

Wenn ich mich richtig zurückerinnere, habe ich im Jahre 2014 beschlossen, dass Wolfenstein: The New Order mein Spiel das Jahres geworden ist. Es ist schon ein bisschen was her, aber ich glaube noch genau zu wissen warum es mir in diesem Jahr so gut gefallen hat.
Erstens, hat es, wieder dieses „Oldschool-Shooter“ feeling wiederbelebt, das heißt für mich Medikits, Run&Gun Gameplay und keine Schlauchlevel. Dazu kommt noch, dass es diese Elemente schon fast direkt gemeistert hat, das Gunplay war befriedigend, weil hinter den Waffen richtig Wucht steckte aufgrund des Sounds der Waffen und das Trefferfeedback von den Gegnern, wenn man ihnen mit zwei Akimbo Schrotflinten den Körper zerfetzt. Außerdem waren die Level interessant und zum Teil auch absolut absurd und das Pacing der verschiedenen Orte war auch äußerst gut, weil man sich kaum gelangweilt hat.
Zweitens, die Geschichte war überraschend gut womit ich absolut nicht gerechnet habe. Es gab einzigartige, verrückte Charaktere mit denen man sympathisieren konnte und Antagonisten die man auch richtig gehasst hat. Und als Kirsche auf dem Sahnehäubchen gab es noch eine so auf den Boden gebliebene Liebes-Geschichte, die ich so noch nicht gesehen habe.
Aber genug zum ersten Teil, hier soll es ja um den zweiten gehen. Kann er den Vorgänger übertrumpfen, mit ihn mithalten oder geht er vor ihn in die Knie? Dazu komme ich jetzt.


Wir schlüpfen wieder in die Rolle von BJ Blazkowicz aka „Terror Billy“ und machen uns diesmal nach Amerika auf um dort eine Revolution gegen das Regime zu starten. Als neuer, verabscheuender Antagonist steht diesmal die aus dem ersten Teil bekannte General Engel auf den Plan, die auf der Hass-Skala weit über General Totenkopf von Wolfenstein 1 liegt.
Selbstverständlich sind auch wieder die tollen Verbündeten von BJ mit von der Partie, wie BJ’s Freundin Anya, Set, Max Hass und die ganzen anderen. Ich hatte tatsächlich ein wohliges Gefühl als ich sie alle wiedergesehen habe, da habe ich wieder mal gemerkt was der erste Teil für eine tolle Arbeit gemacht hat diese Charaktere einzuführen und zu entwickeln und Wolfenstein 2 führt diese Charaktere auf den gleichen Niveau fort.
Aber es kommen natürlich auch neue Charaktere hinzu, wie der Kopf hinter der Amerikanischen Widerstandsbewegung Grace Walker oder den Verschwörungstheoretiker Super Spesh, aber das waren selbstverständlich noch nicht alle. Die neuen Charaktere passen sehr gut zu den alten Charakteren und erschaffen interessante Situationen, weil sie durchaus sehr unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Die Charaktere wirken wieder sehr überzeichnet und sind fast schon wie eine Karikatur selbst, aber sie verlieren trotzdem nicht ihre Authentizität, weil ihre Ziele und ihr Verhalten immer noch innerhalb dieses Universums glaubwürdig wirken.
Außerdem bekommen wir noch ein paar Einblicke in BJ’s Vergangenheit und erfahren wie er zu den geworden ist was er heute darstellt, somit wird dieser eher flache Charakter noch ein bisschen ausgearbeitet und kann ihn weiter nachvollziehen.
Zuletzt will ich nur noch anmerken, dass die Zwischensequenzen, in dem die Geschichte erzählt wird, inszenatorische wieder absolut toll sind. Die Geschichte hat mich durchweg unterhalten und hat Wolfenstein typisch wieder viele Szenen die erschütternd, lustig und absurd sind. Ich habe mich immer wieder nach der nächsten Zwischensequenz gesehnt und das spricht nur für die hervorragende Geschichte.

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Kein Spoiler. Es handelt sich um Trailer-Material!

BJ’s Revolte führt ihn durch Amerikanische Orte wie Manhatten, New Orleans etc. Darüber hinaus sind auch noch ein paar Überraschungen dabei wie sich das für Wolfenstein gehört und diese Orte sind auch grafisch nett anzusehen sowie vom Pacing her spaßig, obwohl es bei manchen Stellen sehr komische Difficulty Spikes gibt. Die Checkpoints sind zum Teil rar gesetzt, das heißt so oft Speichern wie möglich und das reißt einen an diesen bestimmten Stellen aus der Action raus, aber das sind nur kleine Ausnahmen.
Ich war zwar stets mit den verschiedenen Orten vergnügt, das lag aber nicht an den Orten selbst, sondern viel mehr an der Geschichte und das Gameplay. Ich habe einen großen Kritikpunkt zu den meisten Städten von Wolfenstein 2, nämlich dass sie vom visuellen Design sehr eintönig sind.
Eigentlich sollten sich verschiedene Orte der Welt unterschiedlich anfühlen, aber das tun sie nicht.
Kleines Beispiel: Manhatten und New Orleans sind vom Grundton unterschiedliche Schauplätze, wirken aber durch die grau/braune Farbpalette und der immer gleich wirkenden Regime Einrichtungen fast wie aus einem Guss. Dazu kommt noch, dass man diese verschiedenen Orte fast immer abends oder nachts besucht, somit gibt es noch weniger visuelle Abwechslung.

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Ja, Wolfenstein war nie die farbenfrohste Spielreihe der Welt, trotz alledem waren die Grundtöne von den Orten die man in Wolfenstein 1 besucht so unterschiedlich, dass man nie Gedacht hat: „Noch eine  verwüstete Stadt?“ oder „Oh, schau mal, wieder eine Regime Militärbasis.“
Sogar der Überraschungs-Ort, den ich hier nicht Spoilern werde, wirkt im Vergleich einfach nur kahl.

Aber kommen wir jetzt mal zum Kern dieses Spieles, das was Terror Billy am besten kann, nämlich Patronen in die Köpfe der Regime Schweine knallen. Das fühlt sich in klassischer Wolfenstein Manier immer noch großartig an, wie ich schon zum Einstieg beschrieben habe. Mit Laserwaffen Gegner zu desintegrieren oder sie mit Akimbo Nagelwerfern durchlöchern sieht, fühlt und hört sich fantastisch an und ist immer noch gewohnt brutal und wuchtig.

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Hochachtungsvoll: Ein desintegriertes Regime Schwein

Man kann immer noch mit Verbesserungskits seine Waffen aufmotzen und individualisieren, aber leider sind es immer noch die gleichen Waffen die es schon im Vorgänger gab. Der ganze Standard von Sturmgewehren, Schrotflinten und MP’s ist hier vertreten und ich finde es schade, dass Machine Games sich dort nicht ein bisschen was getraut hat. Ich meine, das Setting gibt ja eigentlich genug Spielraum für neue, kreative Waffen, aber leider bleiben sie außer ein paar kleine ausnahmen bei der Norm. Ich würde mich sehr freuen, wenn sie für den nächsten Teil sich ein bisschen was einfallen lassen, weil nochmal mit den gleichen Waffen rumrennen ist für mich eher uninteressant.

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Das Perk System wurde auch aus Wolfenstein 1 übernommen und unterstützt einen wieder in seinen gewünschten Spielstil, man kriegt nämlich so wie vorher Verbesserungen indem man einfach das macht, was man macht. Sei es wie ein tollwütiger Hund durch die Level rennen und alles klein schießen was einen vor die Flinte kommt oder ganz hinterhältig einen nach den anderen Regime Soldaten per Axt einen Kopf kürzer machen, jeder Spielstil wird unterstützt und man kriegt die dementsprechenden Verbesserungen. Diese Perks sind zwar nicht weltbewegend und sind ganz klar nicht die Hauptmotivation vom Spiel, aber es ist trotzdem schön immer im Hintergrund kleine Upgrades für BJ zu bekommen.

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Apropos Schleichen, in Wolfenstein 2 wird außerdem ein größerer Fokus auf das behutsame Vorgehen gelegt. Falls man sich entdecken lässt schlägt der Kommandant in diesem Gebiet direkt Alarm und es kommen gefühlt unendliche Wachen und das kann sehr schnell im Chaos enden. Es ist immer noch machbar, aber dadurch entstehen an ein paar Stellen diese eher frustigen Difficulty Spikes die ich schon erwähnt habe.
Ab der Hälfte des Spieles bekommt Blazkowicz eine der 3 neuen Kampfmods in die Hand gelegt, mit denen er zusätzlich zu den bereits vorhanden Perks noch weiter mit Vorteilen ausgestattet wird. Nicht nur bekommt er dadurch Fähigkeiten, wie z.B dass sich die Zeit verlangsamt, wenn er die Waffen wechselt, sondern kriegt noch durch jede der 3 Mods neue Möglichkeiten sich durch die Welt zu bewegen.  Die Donnerfäuste zum Beispiel durchbrechen Wände, wenn BJ dagegen rennt oder die Schlachtenläufer lassen ihn höher gelegene Plätze erreichen. Manchmal  wirken die Stellen, an denen man diese Fähigkeiten benutzen soll, ein bisschen aufgezwungen, aber es macht trotzdem Spaß sie zu benutzen, vor allem weil man sie taktisch im Kampf einsetzten kann und sich so schnell einen Vorteil verschafft.

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Wie bereits gesagt, bekommt man erst eine dieser Kampfmods, die anderen beiden schaltet man erst in bestimmten Nebenmissionen frei. Diese Missionen sind neu in Wolfenstein 2 und beginnen damit von Kommandanten aufgehobene Codes in einen Minispiel zu dechiffrieren. Danach bekommt man das Ziel einen Höher gestellten Kommandanten in bereits besuchten Gebieten zu töten und dort kann man dann die weiteren Kampfmods und verpassten Sammelobjekte finden. Da diese Missionen aber nur daraus bestehen den Kommandanten zu finden und ihn zu töten, werden sie sehr schnell zu Beschäftigungstherapie und ich habe sie letztendlich links liegen gelassen, weil sie mich nicht mehr unterhalten haben.  Da wäre etwas mehr gegangen.

Eigentlich sollte man von einem Sequel erwarten, dass es Sachen hinzufügt und alte Systeme besser macht als der Vorgänger. Und das macht Wolfenstein 2 zum Teil auch, aber halt nur zum Teil. Die Level sind für mich ein Rückschritt im Gegensatz zum Vorgänger, das Gunplay ist  immer noch befriedigend und geht gut von der Hand und die neuen Kampfmods ergänzen das Gameplay sehr gut, aber der Mangel an neuen Waffen ist ein bisschen enttäuschend, genauso wie die neuen Nebenmissionen.
Aber wieso hat mir dieses Spiel denn so gut gefallen, wenn ich fast zu jeden positiven Punkt auch einen Negativen habe? Ganz klar: Die Geschichte.
Man merkt sehr, dass die Geschichte der Fokus dieses Spiels ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt eine so tolle Geschichte in einem Shooter erlebt habe. Die Charaktere sind Sympathiebolzen und absolut greifbar, obwohl sie zum Teil sehr absurd geschrieben sind und der eher flache BJ wächst einen langsam ans Herz. Die Zwischensequenzen sind inszenatorisch so großartig, dass sie sich vor keinen Film verstecken müssen. Wie ich schon gesagt habe, ich habe mich immer danach gesehnt eine neue Sequenz zu sehen, weil ich unbedingt wissen wollte wie diese Geschichte weiter geht. Sie ist spannend, witzig, traurig, alles das was mich bei der Stange hält.

Am Ende des Tages zählt es, ob ich Spaß hatte und das hatte ich trotz meiner Kritikpunkte.  Zwischen der atemberaubenden Geschichte wurde ich durch gute Shooter-Kost unterhalten und ich hatte während der Hauptkampagne so gut wie keine Langweile. Das einzige Mal wo ich wirklich ein bisschen Frust bemerkt habe, war als ich tatsächlich realisierte, dass die Level nicht wirklich abwechslungsreich sind, aber darüber konnte ich hinwegsehen.
Um auf meine Anfangsfrage zurückzukommen, Wolfenstein 2 kann mit den Vorgänger mithalten, auch wenn ich tief gehofft habe das es besser als sein Vorläufer wird.


Nachwort

Mich persönlich hat die offensichtliche Zensur nicht gestört, auch wenn ich es bis heute ein bisschen lächerlich finde. Ich verstehe einfach nicht, warum in Spielen bestimmte Wörter und Symbole nicht dargestellt werden dürfen, obwohl es bei anderen Kunstformen akzeptiert wird. Ich will nicht weiter ausholen, ich habe mich mit dem Thema genug befasst und ich kann beide Seiten verstehen, aber ich bin auf der contra Zensur Seite.
Ich habe es extra nicht in die Kritik mit einfließen lassen, weil es ein heikles Thema ist und es mich, wie gesagt, auch nicht weiter stört, aber mein Standpunkt ist klar: Es wird ganz dringend Zeit, dass sich diese Zensur Maßnahmen für Spiele ändert.

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